„Es gibt keinen Höhenflug in diesem Sport“
11.07.2025 Zum fünften Mal in Riesenbeck und zum fünften Mal im roten Jackett der deutschen Mannschaft auf einer Europameisterschaft — Tony Stormanns aus Weisweiler ist mit seinen jungen 17 Jahren schon ein “alter Hase” im Nachwuchs-Springsport. Der Sohn der international erfolgreichen Springreiterin Helena Stormanns konnte gerade erst das Finale des NetAachen-Preises beim CHIO Aachen gewinnen. Sein EM-Partner Donjon D’asschaut war da schon auf dem Weg nach Riesenbeck. Vorausschauende Turnierplanung, effektives Zeitmanagement und professionelle Organisation sind allerdings keine Hürden für das Mutter-Sohn-Duo Stormanns. Nachdem sie jahrelang an der Spitze des Sports gekämpft hatte, zwang ein Ski-Unfall Helena Stormanns dazu, ihre erfolgreiche Karriere als professionelle Springreiterin aufzugeben und sich ganz der Trainerarbeit zu widmen. Profis wie Jessica Springsteen, William Whitaker, Emil Hallundbaek oder Nina Mallevaey profitieren von ihrem Wissen. Auch ihr jüngster Sohn Tony darf noch einiges von seiner Mutter lernen, wie wir in einem Interview mit den beiden erfahren durften.
Was war Euer erster Gedanke, als Ihr von der EM-Nominierung gehört habt?
Helena: Ich habe mich sehr gefreut, denn darauf arbeiten wir jedes Jahr hin. Für mich ist diese Championats-Erfahrung sehr wichtig, ich habe selbst an den Europameisterschaften Pony, Junioren und Junge Reiter teilgenommen. Diesen Druck zu spüren, damit umgehen zu müssen, auch mal zu verlieren — das stärkt unheimlich und ist alles Teil der Ausbildung.
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Wie habt Ihr euch auf die EM vorbereitet?
Helena: Tony hatte das Glück, zwei Pferde zur Auswahl zu haben. Wir haben uns zusammen mit dem Bundestrainer für Donjon D’asschaut entschieden. Daher ist Tony in Aachen Surprise geritten. Wir mussten einen kleinen Spagat mit den zwei Veranstaltungen machen, aber es ist schwer, auf einen Start in Aachen zu verzichten.
Für Tony war es vielleicht sogar ein Vorteil, in Aachen beschäftigt zu sein, anstatt zuhause über die EM nachzudenken?
Tony: Ich hab mir nicht unbedingt den Kopf darüber zerbrochen, dass ich jetzt entweder in Aachen oder in Riesenbeck sein muss, es war zwar kein Kinderspiel, ein Pferd dort und ein Pferd da zu haben, aber es hat gut geklappt. Den Kopf zerbrechen tue ich mir eigentlich erst, wenn ich den Parcours abgegangenen bin.
Helena (augenzwinkernd): Er ist auch recht ruhig…
Tony: Ja, Mama drückt bei mir aufs Gaspedal!
Riesenbeck ist Dein fünftes Championat. Ist es jedes Mal ein bisschen einfacher oder wächst der Druck mit den steigenden Erwartungen?
Tony: Mit hohem Druck hatte ich bisher nur einmal ein Problem, das war auf der EM in Oliva (Anm. der Redaktion: Tony gewann Gold im Einzel und im Team der U14-Reiter), aber davon habe ich auch sehr gute Erfahrungen mitgenommen, die hoffentlich auch sehr lange halten werden. Natürlich bin ich aufgeregt und ein bisschen nervös, weil ich gut abschneiden und mein Team nicht enttäuschen möchte. Es ist immer wieder eine Ehre, für Deutschland zu den Europameisterschaften zu fahren — ob es das erste oder das fünfte Mal ist.
Wie bleibst Du so ruhig und konzentriert? Hast Du ein bestimmtes Ritual, was Du vor der Prüfung machst?
Tony (lacht): Ich bin jetzt seit drei Tagen hier und habe bestimmt schon zum fünften Mal meine Stiefel geputzt.
Ist das Deine Marotte?
Tony: Nein, eine wirkliche spezielle Angewohnheit habe ich nicht. Ich schaue immer, dass ich mein Pferd vor der Prüfung raushole und dass es sich wohl fühlt. Natürlich sind die Tiere nie gleich, so wie Menschen es auch nicht sind, aber jetzt den Sattel noch einmal richten, die Krawatte auf eine bestimmte Art und Weise binden, das mache ich nicht.
Erzähl uns über Dein Pferd Donjon D’asschaut?
Tony: Donjon kam über Michael Duffy zu uns, der sagte, ‘Ich habe ein Pferd in der Box, setz dich mal drauf.’ Donjon ist ein braver Soldat, aber nicht irgendein Soldat, der in der Reihe steht, er ist sehr besonders. Er hat viel Vermögen, ein großes Herz und einen sehr großen Galopp. Er könnte aber auch den Parcours mit einem U14-Reiter absolvieren. Er ist so ziemlich das perfekte Pferd für den Sport und zum Glück seit etwas über einem Jahr ein Teil des Stormanns Teams.
Aus Sicht der Trainerin, sind die beiden ein gutes Paar?
Helena: Auf jeden Fall. Wie Tony sagte, Donjon D’asschaut ist ein sehr großes Pferd, mit viel Galopp, was oft für jüngere Reiter mit weniger Erfahrung nicht so praktisch ist. Aber die beiden haben schnell zusammengefunden. Tony hat immer sehr viele verschiedene Pferde zum Reiten, das kommt einfach daher, dass wir manchmal auch ein Pferd verkaufen. Das hilft natürlich dabei, sich schneller mit einem Pferd zusammenzufinden. Trotzdem hatte er recht schnell einen guten Draht zu Donjon.
Ist das eine Stärke von Tony, dass er sich schnell mit einem neuen Pferd zurechtfindet?
Helena: Ich glaube, dass das an seiner Reiterei liegt, er mag Blutpferde. Donjon D’asschaut ist zwar groß, aber er hat sehr viel Blut und ist sensibel. Tony hat nicht so gerne die Pferde, die ein bisschen kalt am Bein sind, er hat lieber etwas ‘Kribbeliges’. Deshalb passt das bei den beiden ziemlich gut.

Hat er diese Vorliebe von Ihnen?
Helena: Ich habe auch früher lieber Blutpferde geritten, deshalb liegt ihm das vielleicht doch ein bisschen in den Genen. Tony ist in der Lage, schnell die empfindlichen Stellen eines Pferdes herauszufinden. Blutpferde werden schnell nervös und ein bisschen „kratzig“. Das kann er sehr gut überspielen und findet einen guten Freundschaftsweg mit den Pferden. Ich glaube, sein Reitstil passt daher gut zu Blutpferden.
Was macht Ihr im täglichen Training?
Helena (lacht): Ich schreie viel.
Tony: Ich muss ehrlicherweise zugeben, Mama hat nie geschrien, das war immer Papas Job. Mama hat sich immer das Megafon aus dem Büro geholt.
Helena: Ich sage lange nichts, sondern lasse ihn erstmal versuchen, alles allein rauszufinden. Am Ende ist er auch allein mit seinem Pferd im Parcours. Wenn ich aber sehe, dass er auf dem falschen Weg ist, dann geh ich mal kurz und knackig dazwischen und sag, ‘Pass auf, das, was du dir jetzt ausdenkst, ist völlig falsch, nimm diesen Ansatz und dann wird’s klappen.’ Dann weiß er auch, dass ich nur versuche, ihm schneller zu einer Antwort zu verhelfen.
Wie stolz ist man als Mutter, dass der Sohn die Springkarriere so erfolgreich fortführt?
Helena: Da bin ich sehr stolz, aber im Grunde muss er es selbst wollen und ich glaube, wir sind jetzt an dem Punkt, wo er nach der Erfahrung sucht. Er hat natürlich über die Jahre viele Geschichten von früher gehört, aber er macht jetzt eigene Erfahrungen. Zum Beispiel hat er mal für eine Woche als Pfleger von Christian Kukuk ausgeholfen — da war nicht viel mit reiten, sondern satteln, putzen, mitmachen — und kürzlich hat Franke Sloothaak ihm ein bisschen Dressurunterricht gegeben. Das sind Sachen, die sind einmalig und prägend. Jetzt ist er in einem Alter, in dem er das auch alles umsetzen kann.
Gibt es einen bestimmten Ratschlag, den Sie ihm eigentlich immer mit auf den Weg geben?
Helena: Arbeiten, arbeiten, arbeiten, es gibt keinen Höhenflug in diesem Sport. Nach dem Höhenflug, nach einem großen Erfolg, heißt es, am nächsten Morgen aufstehen und wieder arbeiten, sonst hält der Erfolg nicht an. Ich sage immer, ‘Man ist nur so gut, wie das nächste Springen, nicht das Letzte. Das Letzte ist schon vorbei.’
Quelle: Pressemitteilung Riesenbeck International / S. Strübel