Pferdewesen
Wer führt die Herde? Welches Pferd übernimmt die Gruppe und warum folgen ihm die anderen? Jeder hat sich sicherlich schon mal die Frage gestellt, warum dieses oder jenes Pferd das Leittier der Herde ist.
Französische Forscher haben Herdenbewegungen beobachtet und Interessantes herausgefunden. „Um wirklich ein wahres Leittier zu sein, braucht es Anhänger. Das gilt nicht nur bei Menschen sondern auch bei Pferden“, sagte Odile Petit von der Universität Straßburg.
Signale
Petits Forscherteam untersuchte mehrere Herden von ca. 15 bis 20 Pferden in relativ natürlicher Umgebung auf sehr großen Weiden.
Per Videoaufzeichnungen haben sie die Herdenbewegungen beobachtet: Angefangen, bevor die Herde sich in Bewegung setzte, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihr „Ziel“ erreicht hatten. Sie fanden heraus, dass das Leitpferd oft subtile körperliche Signale abgab – z. B. bestimmte Körperhaltungen – bevor es sich bewegte. Diese Signale reichten aus, dass die Herde dem Pferd folgte. Jedes Pferd war für gut eine Woche mal das Herdenoberhaupt, aber nicht jedes Pferd, das mal Herdenführer war, folgte jedem anderen Pferd. Im Allgemeinen beginnen die Pferde sich in kleinen Gruppen zu bewegen, bis sich die gesamte Herde in Bewegung setzt.
Wer folgt wem?
Wahrscheinlich hätte jeder von uns bei der Frage, wer die Herde führt, geantwortet: der Hengst, das älteste Pferd oder dominante Stuten. Damit hätten wir aber falsch gelegen. Die dominierenden Pferde sind selten diejenigen, die den ersten Schritt machen, um eine Herde in Gang zu bringen. Meistens übernehmen den Job die geselligen Pferde. Aber folgen auch die meisten den geselligen Pferden? Nein. Es wird den Pferden mit den meisten „Freunden“ auch am ehesten gefolgt.
Wahrscheinlich liegt es an den engen Beziehungen, die das führende Pferd hat, dass ihm seine „Freunde“ sofort folgen, wenn es sich bewegt.
Soziale Beziehungen
Petit sagte, dass ein Hengst in einer Gruppe von Stuten tatsächlich die Harmonie der Bewegungen zu stören scheint. Der Hengst war aus der Gruppe herausgenommen worden und die Bewegungen der verbleibenden Stuten waren aufeinander abgestimmt. Als der Hengst zurückkam und die Gruppe in Bewegung setzen wollte, ließ sich fast keine Stute dazu bewegen, ihm zu folgen.
Den Mitgliedern der Herde ermöglichen die komplexen sozialen Strukturen sehr effiziente und organisierte Gruppenbewegungen. „Dies ist entscheidend für eine Beutetier-Gruppe“, sagte sie. „Die Gruppe hat so die Möglichkeit von einem Punkt zum nächsten (z. B. Wasserpunkt) zu gehen, ohne dass seine Mitglieder sich weit verteilen.“
Ihr Team konnte auch bestätigen, dass soziale Beziehungen entscheidend für die Bewegungen der Herde, aber diese auch ebenso kritisch für die Herdenbewegungen sind. Selbst wenn ein Pferd sah, dass sich der Herdenführer in Bewegung setzte, wartete es ab, was sein Freund machte. Dieser Freund war der bevorzugte Partner.
Quelle: Universität Strasbourg