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Frankfurter Festhallen Turnier: Ein Hochseilakt zum 50. Turniergeburtstag

12.12.2023 1955 fiel der pferdesportliche Startschuss nach dem Krieg in der Frankfurter Festhalle – mit Initiator Josef Neckermann, einem Budget von 800 Mark, einem Reitboden auf 80.000 Lehmziegeln und 138 Teilnehmern. 2023 feiert das Internationale Festhallen Reitturnier Frankfurt (IFRF) seinen 50. Geburtstag – mit Turnierchef Matthias Alexander Rath, wie Neckermann internationaler Dressurreiter. Mit einem Budget von 2,3 Millionen Euro – mit 800 Mark von 1955 kaum zu vergleichen. Mit einem Reitboden, der sich auf 2.000 Spezialmatten aufbaut, und 95 nationalen und internationalen Teilnehmern.

Was sagen uns diese Zahlen: ein kleineres, aber exklusives Starterfeld. Völlig veränderte Bedingungen für Pferde und Reiter – angefangen bei dem nach modernsten Erkenntnissen erstellten Spitzen-Reitboden bis zu den komfortablen Pferdeboxen im Vergleich zur angebundenen Ständerhaltung vor 68 Jahren. Und gerade in diesem Jahr durch den vierten Stern im Springen mit deutlich aufgestocktem Preisgeld. Der Pferdesport hat sich immens entwickelt, das IFRF macht es deutlich.
 
Kurzer Ausflug in die Vergangenheit

„Der Frankfurter Reit und Fahrclub hat die Turniere um die Jahrhundertwende 1900 herum veranstaltet , damals noch im Hippodrom. Das Hippodrom fasste etwa 3.000 Zuschauer“, erinnert sich Ann Kathrin Linsenhoff. „Das wurde zu klein. 1934 fand dann das erste Reitturnier hier in der Festhalle statt.“ Die Herausforderung sei gewesen, einen Reitboden auf dem Parkett aufzubringen. „Aber das haben sie geschafft und so ging es hier in der Festhalle los. 1955 fand dann das erste Turnier nach dem Krieg wieder statt. Initiiert hat es Josef Neckermann, aber meine Mutter war von Anfang an in die Organisation involviert, war auch gleich beim ersten Nachkriegsturnier hier am Start war und mit ihr die komplette Dressurelite.“
 
Was über all die Jahre geblieben ist, ist die Frankfurter Begeisterung für Pferdesport – damals wie heute: die Tribünen sind bei den meisten Veranstaltungsabschnitten voll, das Publikum ist begeisterungsfähig und die Stadt Frankfurt freut sich über dieses topklasse Event.

„Als Sportstadt richten wir viele große Sportveranstaltungen aus und das Festhallen Reitturnier gehört zu den Big Four hier in Frankfurt!“, betonte Stadträtin Ina Hauck. „Wir beginnen im Mai mit dem Fahrradrennen, dann geht es im Sommer mit dem Triathlon weiter und im Herbst kommt der Frankfurt Marathon, dessen Zieleinlauf tatsächlich auch hier in der Festhalle ist. Und jetzt freue ich mich ganz besonders auf die vorweihnachtliche Stimmung hier beim Festhallen Reitturnier.“
 
Seit 1989 findet das Turnier seinen festen Platz im Kalender in der Vorweihnachtszeit. Auf die weihnachtliche Deko mussten Zuschauer und Reiter 1955 also noch verzichten. Bedeutender Unterschied für das ein oder andere Dressurpferde: damals wurden die Bahnpunkte noch nicht von kleinen Weinachtsmännern in die Höhe gestreckt, heute sind sie wunderbare Herausforderung und vor allen Dingen liebgewonnenes Markenzeichen für die Festhallen-Dressur.

„Wir haben wirklich in diesem Jahr sehr gute deutsche Reiter in der Dressur am Start!“, freut sich Turnierchef Rath. Allein drei Damen vom WM-Goldteam 2014 in Caen treffen sich in der Festhalle: Fabienne Müller-Lütkemeier, die ihre beiden Louisdor-Preis-Finalisten Valencia As und Valesco in der Fünf-Sterne-Tour genannt hat. Isabell Werth, die mit Superb in der internationalen Tour, mit Gut Wettlkam’s Chuck Bass im Louisdor-Finale und mit Skovens Tzarina im NÜRNBERGER Burg-Pokal-Finale alle drei Touren besetzt. Und Helen Langehanenberg, die mit Burg-Pokal-Siegerin Schöne Scarlett im Louisdor-Finale sowie mit DSP Danny Cool und Golden Romance de Malleret PS im Burg-Pokal-Finale antritt. Außerdem ist die Aufsteigerin des Jahres in Frankfurt am Start: Katharina Hemmer. Die 29-jährige Bereiterin aus dem Stall von Reitmeister Hubertus Schmidt hat im Januar den elfjährigen Denoix PCH übernommen und sich bis zum ersten Reserveplatz für die Europameisterschaften nach vorne katapultiert. Mit Ingrid Klimke und Benjamin Werndl reisen neben Werth zudem zwei weitere Reiter aus dem Olympiakader an. Klimke bringt ihre schicke elfjährige Stute First Class mit, Werndl wird auf seinem Kaderpferd Famoso OLD sitzen.
 
„Mein Highlight bisher war sicher das Finale des NÜRNBERGER Burg Pokals im vergangenen Jahr“, strahlt immer noch ein bisschen selig der hessische Profiausbilder Thomas Wagner. „Ich war schon als Kind immer in der Festhalle zum Zugucken und fand den Burg Pokal toll, aber fast noch toller war der Siegerpreis am Abend. Dass ich den letzten Jahr mit Wynton’s Son mitreiten und dann auch noch gewinnen konnte – das war schon ein Knaller.“ Auch in diesem Jahr ist Wagner wieder im Burg Pokal-Finale dabei, mit seinem siebten Finalisten Escolux.

„Mit einem Blick auf die internationalen Teilnehmer in der Dressur wird ganz klar, dass wir uns in einem vorolympischen Jahr befinden“, erklärt Rath. „Wir haben eine ganze Reihe von Reitern, beispielsweise aus Ungarn, Indien und Korea, die hoffen, hier in Frankfurt noch ihre Olympia-Qualifikation zu erreichen.“
Einen sehr emotionalen Moment wird der Samstagabend involvieren: Frankfurts Stammgast Dorothee Schneider wird ihren zweifachen Mannschafts-Olympiasieger Showtime mit 17 Jahren im Rahmen des IFRF verabschieden.
 
Vier-Sterne-Springen – ohne 1,70-Meter Mauer
 
1,70-Meter hoch war die Mauer im Großen Preis 1955. Das gibt es heute nicht mehr, auch hier hat sich der Sport deutlich weiterentwickelt. „Heute geht es sehr viel mehr um Technik als um maximale Höhe“, erklärt Carsten Rotermund, verantwortlich für die Springwettbewerbe in Frankfurt. Die Hindernisse im Großen Preis von Hessen präsentiert von der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) sind höchsten 1,55-Meter hoch, die Linienführung und die Distanzen sind allerdings deutlich anspruchsvoller als 1955.
 
Die 24-jährige Marie Ligges ist dieses Jahr zum zweiten Mal in Frankfurt dabei – eine Art Heimspiel: „Meine Mutter ist in Alsfeld geboren und war hier vor einigen Jahren auch selbst schon am Start“, erzählt sie. „Meine Oma und mein Onkel wohnen auch noch hier in Hessen – das ist natürlich superschön, wenn hier die ganze Familie zusammenkommt.“ Marie bringt ihren Topstar, den selbstgezogenen Corcovado L, und zwei Nachwuchspferde mit in die Festhalle. Ganz eng ist die Verbindung der Familie Ligges zum Springsport. Großvater Fritz Ligges war 1972 Mannschafts-Olympiasieger im Springsport, Vater Kai Ligges war selbst Nationenpreisreiter und ist Maries Trainer. „Er ist wahrscheinlich derjenige, der am stolzesten ist, wenn es im Parcours klappt, aber wenn es mal nicht so läuft, steht auch die ganze Familie hinter mir. Das ist schon ein tolles Gefühl.“ Fritz Ligges, kurz FL, war seinerzeit auch eng mit dem anderen FL verbunden, Fritz Linsenhoff, Vater der heutigen Gastgeberin Ann Kathrin Linsenhoff. „Im Pferdesport trifft man sich immer wieder“, freut sich Linsenhoff. „Das ist auch das Schöne an unserem Sport – er verbindet.“
 
Aber Marie wird auf große Konkurrenz treffen. 58 Reiter stehen auf der Liste für die internationalen Prüfungen, darunter die deutschen Topreiter Hans-Dieter Dreher und Richard Vogel aus dem Olympiakader sowie Philipp Schulze Topphoff und Gerrit Nieberg aus dem Perspektivkader, um nur einige Beispiele zu nennen. Aus dem Ausland reist nicht zuletzt der Franzose Julien Anquetin an, der im vergangenen Jahr drei Springen in der Festhalle gewonnen. Außerdem der 61-jährige Pius Schwizer aus der Schweiz, der mit zwei olympischen Teilnahmen und jeder Menge Championatserfolgen in Frankfurt an den Start geht. Ein Auge sollte man sicher auch auf die 20-jährige Johanna Beckmann werfen, die dieses Jahr nicht nur bei der Europameisterschaft der Jungen Reiter zum Team gehörte, sondern auch schon im Seniorenbereich erfolgreich angegriffen hat.
 
Erstmals wird der Große Preis der internationalen Springreiter auf Vier-Sterne-Niveau ausgetragen, das Preisgeld beträgt erstmals 100.000 Euro und erstmals wird er in den Finaltag der DVAG eingebettet – ein Großer Preis, dreifache Premiere!
 
„Für uns ist es ganz wichtig, dass die Leute gerade in dieser Zeit mal die Sorgen hinter sich lassen können und mit dem Sport hier etwas Schönes erleben“, betont Dr. Andreas Franken, Mitglied des Vorstandes der DVAG. „Es ist uns eine Herzensangelegenheit, dass wir das Turnier weiter und noch mehr als bisher unterstützen. Die Werte und Visionen der DVAG beruhen auf ‚leistungsorientiert, menschlich und stark‘ und bei leistungsorientiert sind wir natürlich ganz schnell beim Sport. Wenn es darum geht dabei zu helfen, dass andere ihre Leistung fördern, selber steigern können, dann sind wir ganz schnell mit dabei, das liegt uns am Herzen.“ Ein weiterer Aspekt sei sehr wichtig. „Wir sehen uns als Teil dieser Stadtgesellschaft und wollen uns in die Stadt mit einbringen und das tun wir auch über das Turnier. Die Stimmung ist einmalig und das Event ist weit mehr als nur ein Turnier.“
 
Der 50. Geburtstag möchte gefeiert werden! Deshalb startet das IFRF in diesem Jahr schon am Mittwoch mit der großen Jubiläums-Show. Mit einer Fahrquadrille, französischen Stuntreitern, Comedy mit Hund und Pony, Freiheitsdressur und – natürlich – dem Frankfurter Tigerpalast. Der Tigerpalast ist seit mehr als drei Jahrzehnten Frankfurts Hochburg des Varieté-Theaters, beim IFRF wird David Dimitri einen Hochseilakt durch die Festhalle vorführen – eine einmalige Inszenierung von Tigerpalast-Chef Johnny Klinke.
 
Ein Hochseilakt zum 50. Turniergeburtstag – das hätten sich die Macher 1955 sicher nicht träumen lassen.

Quelle: Pressemitteilung Schafhof Connects / performance & passion

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