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Das Geheimnis der irischen Springreiter – die Verantwortlichen Michael Blake und Denis Flannelly erklären den Schlüssel zum Erfolg

11.07.2025 Irland hat einige der besten jungen Springtalente der Welt. Die Athleten erbringen immer wieder Höchstleistungen und haben in den letzten Jahren zahlreiche Medaillen bei Europameisterschaften und Siege in Nationenpreisen errungen. Die Nachwuchs-Europameisterschaften in Riesenbeck haben für die Reiter von der grünen Insel bereits vielversprechend begonnen: Das Junioren-Team aus Alice Wachman, Tabitha Kyle, Emily Moloney und Paddy Reape sicherte sich die erste Teammedaille der Meisterschaft. Doch dahinter steckt nicht nur das sprichwörtliche „Glück der Iren“: Horse Sport Ireland (HSI) zeichnet sich durch ein gutes System und eine ausgeprägte Teamkultur aus. „Niemand hat jemals gewonnen, indem er Pech hatte, aber es erfordert sicherlich mehr als Glück, um auf diesem Niveau erfolgreich zu sein“, sagt Denis Flannelly, Manager des Ireland Jumping Teams.

„Wir arbeiten mit vielen bewährten Systemen, und wir müssen dafür sorgen, dass die anderen Länder möglichst nicht nachziehen“, sagt Michael Blake, Senior High-Performance Jumping Director, mit einem Augenzwinkern. Ein wesentlicher Teil des langfristigen Erfolgs des irischen Teams ist auf sein Engagement zurückzuführen. Blake übernahm das Amt Ende 2019 und trat damit die Nachfolge von Rodrigo Pessoa an. Er hatte bereits eine langjährige Verbindung zum irischen Springsport und betreute sowohl die Jugend als auch die Senioren. Hinter den Kulissen arbeitet er unermüdlich daran, Möglichkeiten für seine Reiter zu schaffen. Die Leidenschaft, die er für den Sport hegt, spiegelt sich in jedem seiner Worte wider: „Wir wollen, dass es Irland gut geht und dass unsere Pferdebesitzer stolz sind. Wir sind ein kleines Land mit fünf Millionen Einwohnern, und ich denke, dass wir mittlerweile definitiv mehr leisten als man von uns erwarten würde.“




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Über den Tellerrand hinaus

Es gab eine Zeit, in der sich die Iren schwer taten, eine Medaille zu gewinnen. Blake und andere erkannten, dass sich etwas ändern musste. Eine seiner Initiativen war ein Stipendiensystem, mit dem jedes Jahr zehn irische Reiter in die USA und nach Europa geschickt werden sollten. „Es gibt eine Menge guter Dinge im amerikanischen System, die wir übernehmen können“, sagt er. „Unsere Reiter haben dort viel gelernt. Sie haben sich als Menschen und als Sportler weiterentwickelt, mehr als wenn sie nur zu Hause in Irland geblieben wären und um das gleiche ,Fischbecken’ herumgeschwommen wären. Wir wollten ihren Horizont erweitern.“ Diese Strategie hat sich als äußerst wirksam erwiesen, und mit Sportlern wie Michael Duffy, Michael Pender, Eoin McMahon und später Tom Wachman oder Seamus Hughes Kennedy, die das System erfolgreich durchliefen, vergrößerte sich der irische Pool an talentierten jungen Reitern dramatisch.

Tom Wachman pries Michael Blake kürzlich in einem Interview: „Für Irland hat er Großartiges geleistet. Er hat vielen jungen Reitern eine Chance gegeben, auf den Nationenpreisen immer wieder unterschiedliche Reiter eingesetzt und war mit seiner Strategie sehr erfolgreich. Für uns junge Reiter sind die Nationenpreise eine wirklich gute Erfahrung; sie trainieren Drucksituationen besser als jeder andere Wettkampf. Zudem ist es beeindruckend zu spüren, dass jeder irische Reiter, egal ob er im Team ist oder nicht, will, dass Irland gewinnt.”

Bildung und Mentorship statt Netflix

Michael Blake gibt scherzhaft zu, dass er noch viel zu lernen hat, aber an Enthusiasmus mangelt es ihm sicher nicht. Bildung und Mentorenschaft liegen ihm sehr am Herzen. Jeder junge irische Reiter hat einen erfahrenen älteren Reiter, der ihm als Mentor zur Seite steht. „Es gibt phänomenale Reiter auf dieser Welt, man muss von ihnen lernen, sich die besten Elemente herauspicken und sie zusammensetzen. Genau das versuchen wir zu tun und ermutigen unsere Jungs, dasselbe zu tun, anstatt Netflix zu schauen. Wir geben ihnen regelmäßig eine Liste mit Runden, die sie unserer Meinung nach anschauen sollten. Und wir wollen, dass sie zurückkommen und uns sagen, was sie in dieser Runde gesehen haben, und wir prüfen, ob es dasselbe war, was wir gesehen haben. Die Reiter müssen sich ständig weiterentwickeln und weiterbilden.“ Er betont, dass es nicht nur um das Reiten geht, sondern dass die Athleten auch lernen müssen, wie man ein Unternehmen führt, wie man einen Sponsor anwirbt, pflegt und hält und wie man mit den Medien spricht. Zu Beginn des Jahres setzt er sich mit den Reitern zusammen und entwirft einen Turnierplan für das Jahr.

120 Chancen

Das Herzstück des Plans sind die Nationenpreise. Kein Land nimmt an mehr Nationenpreisen teil als die Iren. Im Februar hat das High-Performance-Team seine Planung bis hin zu Falsterbo im Juli vorgestellt und eine Vorauswahl für jede Veranstaltung getroffen. „Wir glauben, dass nichts besser auf einen Nationenpreis vorbereitet als ein Nationenpreis. selbst. Außerdem wollen wir so vielen jungen Reitern wie möglich eine Chance geben. Wenn wir 30 Nationenpreise mit vier Reitern durchführen, sind das 120 Chancen“, erklärt Blake. Bei dieser Strategie geht es nicht um Preisgelder, sondern darum, Erfahrungen und Möglichkeiten zu schaffen. Unsere Reiter wollen einfach nur im Team reiten, dann wollen sie in einem besseren Team reiten, und dann wieder in einem besseren Team, das ist eine Entwicklung“, fügt er hinzu.

Während das meiste Wissen in seinem Kopf ist, führt Blake sein eigenes „kleines schwarzes Buch“, in dem er jeden Parcours, seine Distanzen und den Kursdesigner über die Jahre hinweg notiert hat. Dies ist für das Team bei jeder Veranstaltung zu einem unschätzbaren Werkzeug geworden. „Ich habe jedes Buch seit 2017 aufbewahrt“, erzählt Blake. „Denn jeder Parcoursbauer hat einen eigenen Stil und mein Job ist es, ihn zu schlagen. Wenn wir also den Parcours abgehen, tauschen Denis und ich unsere Ideen aus. Ich bin Horse Sport Ireland sehr dankbar. Sie haben mir diese Position gegeben und mir im Laufe der Jahre so viel Freiheit und Unterstützung gewährt.“

Denis Flannelly als Hauptberater ernannt

Anfang dieses Jahres gab HSI bekannt, dass Denis Flannelly und Liz Brennan die Leitung des Nachwuchs-Sportprogramms übernehmen werden. Flannelly wurde als leitender Berater ernannt, um das Team für 2025 und darüber hinaus vorzubereiten. Der renommierte Springtrainer hat in der Entwicklung von EM-erfolgreichen Reitern eine entscheidende Rolle gespielt. Als Lead Consultant, Chef d’Equipe und Jumping Manager beaufsichtigt er die technische und strategische Ausrichtung des Programms und treibt dessen Entwicklung weiter voran. Die Einrichtung eines Auswahlgremiums für junge Springreiter ist Teil seines Konzepts. Die Einbeziehung von Spitzenreitern wie Denis Lynch ist ein weiterer Eckpfeiler der langfristigen Strategie von HSI. Als ‘Youth Athlete Liaison’ Beauftragte ist Liz Brennan die Hauptansprechpartnerin für die Reiter und ihre Familien und erleichtert die Kommunikation, Betreuung und Unterstützung der jungen Reiter im Programm. Ihre weitreichende Erfahrung in der Teamvorbereitung und logistischen Planung ist absolut unerlässlich, um sicherzustellen, dass sich die jungen Athleten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wettkampfarena unterstützt fühlen, während sie gleichzeitig dafür sorgt, dass ihre Stimme bei Programmentscheidungen berücksichtigt wird.

Land der Pferde

Blake und Flannelly heben beide die starke Teamkultur der Iren hervor. Es sind nicht nur die vier Reiter, die am Donnerstag in Riesenbeck Junioren-Teamgold gewonnen haben; 50 oder mehr Personen haben eine Rolle beim Gewinn dieser Medaille gespielt. Vom Besitzer über den Pfleger und den Schmied bis hin zu den Physiotherapeuten und Tierärzten hat jeder seinen Job gemacht und auf das gleiche Ziel hingearbeitet. Es ist die Art von Leidenschaft, die im Blut liegen muss, und genau hier haben die Iren möglicherweise einen entscheidenden Vorteil – sie sind das selbsternannte Land der Pferde. Pferde machen seit Jahrhunderten einen Teil der irischen Kultur aus. „Es geht um das Team, das Pferd, den Reiter und den Trainer sowie um alle, die das Wohlbefinden des Pferdes unterstützen; gemeinsam singen wir alle das gleiche Lied. Es ist mein erstes Jahr, in dem ich für drei Jugendteams verantwortlich bin, und ich könnte nicht stolzer auf alle Reiter sein. Und so sehr wir ergebnisorientiert sind, geht es letztendlich um die Ausbildung. Hier zu gewinnen, ist dann einfach das Sahnehäubchen.“

Denis Flannellys System basiert fest auf dem korrekten Training der Pferde und auf der Anwendung der deutschen Ausbildungsskala. Reiter und Pferd werden ermutigt, diesen Prinzipien zu folgen — ob am Cavaletti oder am Sprung. Stangenarbeit, gymnastische Übungen und Distanzarbeit gehören zu seinen Trainingsmethoden, die dann im Parcours angewendet werden. „Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Art und Weise, wie ein Pferd auf dem Platz arbeitet, und der Art, wie es springt. Die Reiter sollten heute nicht anders reiten als wenn sie eine 1,20 m-Klasse auf ihrem örtlichen Turnier springen“, sagt er. „Alles basiert auf den Prinzipien der Ausbildungsskala und auf den Distanzen, die wir abgelaufen sind. Es macht keinen Sinn, den Parcours gemeinsam abzugehen, wenn man nicht versucht, diese Distanzen auch zu reiten. Man muss jedoch flexibel bleiben und einen Plan B oder C haben. Das gehört alles dazu.” Der gestrige Sieg war ein Paradebeispiel für Flannellys klassisches Trainingssystem. Manchmal außerhalb der Norm zu denken und den Spitzensport „normal“ zu gestalten ist ebenfalls Teil der Strategie.

Quelle: Pressemitteilung Riesenbeck International / S. Strübel